Die LEA-Rochade. – Ein Privileg?

Ein Bericht über unsere öffentliche Gesprächsrunde
vom 18. September 2019

Die Eppelheimer Liste widmete ihre erste öffentliche Gesprächsrunde nach den Wahlen einem Thema aus der Sommerpause, nämlich dem geheim gehaltenen Vorschlag der Bürgermeisterin, dem Land Baden-Württemberg die Errichtung einer Erstaufnahmeeinrichtung (LEA) auf der eigenen Gemarkung östlich der Autobahn A5 anzubieten. Fraktionssprecher und Vorsitzender Bernd Binsch konnte dazu zahlreiche Mitglieder, einige Medienvertreter und Vertreter anderer Parteien herzlich begrüßen.

Der bekannt gewordene Vorschlag einer LEA wurde gegenüber der Presse mit dem sog. „LEA-Privileg“ begründet. Dieses Privileg galt es, unter die Lupe zu nehmen. Es besagt im Groben, dass Standorte einer LEA von der Anschluss­unterbringung nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) befreit würden.

Im Hinblick auf unsere Stadt wurde hierzu festgestellt, dass eine Befreiung der gemeindlichen Unterbringung aufgrund laufender und abgeschlossener Investitionen in entsprechende Unterkünfte gar nicht mehr erreicht werden kann. Im Gewerbegebiet wurden zwei Immobilien durch Mittel der Stadt umgebaut und neben der Eishalle stehen langfristig angemietete Holzmodule kurz vor der Bezugsfertigkeit. Eppelheim kommt also gegenwärtig ihrer gesetzlich auferlegten Verpflichtung gem. FlüAG nach, und eine mit dem „LEA-Privileg“ begründete Schließung bzw. Umnutzung der Unterkünfte im Gewerbegebiet werfen neue ungelöste baurechtliche Fragestellungen auf.

Zum „LEA-Privileg“, dessen Nachhaltigkeit es zu ergründen galt, wurde festgestellt, dass es hierzu keine eindeutig verbindliche gesetzliche Regelung gibt. Das „Ankunftszentrum“ in der Patrick-Henry-Village, das nach dem Willen der Stadt Heidelberg und dem Land Baden-Württemberg als oberste Aufnahmebehörde von dort wegverlegt werden soll, stellt in dieser Eigenschaft gegenwärtig nur einen funktionalen Teil einer der drei ständigen Erstaufnahmeeinrichtungen in Baden-Württemberg dar. Das heißt, hier durchlaufen alle ankommenden Ausländerinnen und Ausländer erstmalig die behördliche Erfassung und medizinische Betreuung, bevor sie ständigen LEAs oder deren bedarfsorientierten Außenstellen zugewiesen werden – darunter z.B. bald wieder in Schwetzingen. Die vorläufige Unterbringung wechselt und endet hiernach noch in Unterkünften, die von den Land- und Stadtkreisen betrieben werden. Der Rhein-Neckar-Kreis betreibt in Eppelheim ebenfalls und zusätzlich zur gemeindlichen Anschlussunterbringung eine „vorläufige Unterkunft“.

Die suggerierte Befreiung von der Unterbringung durch das „LEA-Privileg“ muss, das zeigt die Erfahrung aus gleich gelagerten Standorten, als unverbindliche Kann-Bestimmung betrachtet werden. Also nichts, was die übergeordneten Aufnahmebehörden (Innenministerium, Regierungspräsidium) ernsthaft gegen sich gelten lassen müssten. Die übergeordneten Aufnahmebehörden sind nach dem FlüAG ermächtigt, das gesetzlich nicht geregelte „LEA-Privileg“ durch Rechtsverordnung (RV) auszuhebeln. Dass sich die ermächtigten Behörden ihre Freizügigkeit im Handeln gegenüber einer Standortgemeinde vertraglich ohne Klauseln oder Kündbarkeit gänzlich nehmen lassen wollten oder es gar dürften, muss – realistisch betrachtet – bezweifelt werden.

Andererseits wird sich Eppelheim, gemessen an der Einwohnerzahl, auch künftig mit der Zuteilung von prognostizierten 50 Personen pro Jahr durch die übergeordneten Behörden konfrontiert sehen. Die Prognose ergibt sich aus der Zahl, die gegenwärtig in der 24- bzw. (in Ausnahmefällen) 36-monatigen „vorläufigen Unterbringung“ wartet. Eine Begrenzung der daraus resultierenden weiteren Investition in Unterkünfte in Eppelheim durch ein „LEA-Privileg“ könnte bei entsprechend verbindlicher Würdigung der übergeordneten Behörden erzielt werden. Darüber hinaus entstünde durch die Übertragung des „LEA-Privilegs“ nach Eppelheim, wo sich das Ankunftszentrum sodann befände, eine beachtliche Steigerung von dringend benötigten Anschlussunterkünften für Geflüchtete in der Nachbarstadt Heidelberg.

Wir bedanken uns bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die durch und durch sachlichen Beiträge zu diesem Thema.